Pulping – Drying – Sorting
Der Anbau und die Ernte der Arabica- und Robustavarietäten ist nur der erste Teil der Kaffeeproduktion. Sicherlich der, der mit 10 Monaten von der Blüte bis zur reifen Kirsche der längere ist. Die einzelnen Pflanzenvarietäten bringen unterschiedlichere Aromen und Charaktere hervor. Hier in Indien angebaute Arabicas, wie Kent oder die Selection 9 (SLN9) Varietäten bringen eher feine, milde Kaffees hervor. Die hier oft angebaute Selection 795 (alle nach bestimmten Züchtungsformen mit Zahlen nummeriert) steht gerade im Anbau von über 1300m für körperreiche und fruchtige Kaffees.
Die größten Qualitätseinflüsse (bis hin zur Ungenießbarkeit) haben aber, wie beim Wein, die Aufarbeitung, Trocknung und Sortierung des Rohkaffees.
Auf dem MS Estate von Balanoor Plantations dürfen wir alle Schritte bis hin zum fertigen grünen Rohkaffee beobachten. Nirgendwo sonst auf unseren Reisen konnten wir eine so grandiose Aufarbeitung im industriellen Stil beobachten. In einzigartiger Weise mit extremen Ansprüchen an Produktivität, Hygiene und Qualitätskonstanz werden hier jährlich bis zu 150t Arabica und ca. 200t Robusta gewaschen, d.h. nass aufbereitet. Weitere 140t bester Robusta werden auf dem Plantagenteil Yelemadlu produziert.

Die am Tag geernteten und auf den Feldern manuell vorsortierten, reifen Kaffeekirschen werden ab ca. 16.00Uhr mit den Zugmaschinen im Anhänger zur Pulping Station transportiert. In drei riesigen Fruchtbehältern können diese mit Kippvorrichtung abgeladen werden, bevor sie mit Hilfe von Wasserkraft und Schalenaufzügen durch die nachfolgende mehrstufige Anlage gespült werden.
An erster Stelle steht die Abtrennung der leichteren Kirschen. Das sind solche, die schon am Kaffeebaum getrocknet sind, solche ohne gebildete Kerne (also eine leere Frucht) oder Kirschen mit Frassschäden durch den Berry Bohrer, der sich in die Kerne frisst. In einem Wasserbecken schwimmen diese oben und werden mit dem Überlauf ausgetrieben. In einem separaten Arbeitsgang werden diese Kirschen zu minderwertigem Cherry (Natural) Kaffee weiterverarbeitet. Dieser Kaffee endet dann meistens in billigen Kaffees, als Beimischung oder in Instant-Kaffee.

Alle Kirschen die nicht an der Oberfläche schwimmen, sondern untertauchen (also schwerer sind) werden in den Hauptarbeitsgang gepumpt. Sie gelangen in den Entpulper, in dem die Schalen über Walzen mit definiertem Wandabstand geleitet werden.

Die Walzen sind wie Reiben ausgearbeitet und schälen/quetschen die äußere rote Kirschschale von den Kernen. Kleinere Kirschen und evtl. härtere grüne Kirschen werden hier nicht gequetscht und nachfolgend aus dem Prozess entfernt. Die Schalen werden aus dem Prozess zentrifugiert und anschließend auf eingerichteten „Grünabfallsammelstellen“ kompostiert.

Weiter geht es mit dem Wasserstrom zur ersten Waschung. Die Kaffeekerne besitzen nach dem Schälen noch eine geleeartige Fruchtschicht um den Kern, die Mucilage. Mit einer Art Zentrifuge wird ein Teil dieser Schicht abgewaschen, bevor die schleimige Gesamtmasse dann für 18h (Arabica) oder 36h (Robusta) in Fermentationsbecken unter Wasser ruht. Enzymatische und mikrobielle Prozesse lösen die restliche Mucilage von den Kernen. Auch der Geschmack des Kaffees wird in diesem Prozess stark beeinflusst. So hat jede Farm oder Plantage eigene Fermentationszeiten und –bedingungen, die dann später den spezifischen Kaffeegeschmack und sein Aroma ausmachen.

Die Fermentation wird nach der entsprechenden Zeit abgebrochen und die schleimige Masse aus Kirschkernen und gelöster Mucilage wird über eine zweite Waschung (Zentrifuge) gepumpt, bevor sie für 4 bis 5 Tage auf Trockentischen und anschließend auf den Zementflächen, oder Tonfliesen für 5 bis 6 Tage bis zu einem optimalen Restfeuchte von 12 bis 12,5% getrocknet werden.


Nach der Trocknung ist die grüne Kaffeebohne, besser der Kaffeekirschenkern, noch mit einer festen Pergamenthaut umhüllt. Zusammen mit dieser Hülle wird der sogenannte Pergamino/Parchment in Kunststoff- oder Jutesäcken gepackt und in das Estate Kotordie (eine weitere Robusta Plantage) gebracht, in dem das Lagerhaus von Balanoor Plantations steht und die weitere Aufarbeitung geschieht.
Bei konstanten Temperaturbedingungen, aber schwankender Feuchtigkeit, können die Pergaminos hier in Kunststoffsäcken bis hin zur Monsoonzeit sehr stabil gelagert werden, bis die Bestellung der Kunden verlangt, dass der Kaffee weiter verarbeitet wird. In den nachfolgenden Schritten in der benachbarten Curing Facility (in anderen Ländern Mill oder Trilladora genannt) wird zuerst die Pergamenthaut durch eine Art Mühle abgeschrotet und für die weitere Kompostierung aus dem Prozess geleitet. Sichter und Rüttelsiebe entfernen eventuelle Fremdkörper, wie Steine und kleine Hölzchen. Über mehrstufige Trommeln werden die verschiedenen Größen (AA, A, AB, B, C und PB) getrennt.

Verschiedene Bohnengrößen bringen unterschiedliche Preise auf dem Markt. Aber auch Peaberries (PB, d.h. runde Bohnen) können je nach Markt unterschiedliche Preise erzielen. Industrieröstereien verwenden gerne definierte Rohkaffeegrößen, weil deren Röstprozesse sehr kurz sind und die Bohnengröße und –uniformität eine entscheidende Rolle spielt. Wir bevorzugen bei unseren langen, schonenden Röstbedingungen eher ungleichmäßige Größen einer Kaffeeherkunft, weil diese ein breiteres Aromenspektrum bringen.


Ab hier erhalten die Kaffees dann neue Jutesäcke, ggf. mit Kunststoffinnensäcken versehen (für bessere Feuchtigkeitskonstanz) und werden schnellstmöglich per LKW (jeweils 10t) zum Hafen von Mangalore gebracht und verschifft.
Neben dem beschriebenen Fully Washed Verfahren, werden auf dem MS Estate von Balanoor Plantations auch andere Verarbeitungsformen praktiziert.

Auf das einfache Cherry-Verfahren (nennt sich sonst Natural, bei dem die komplette rote Kaffeekirsche mit Schale getrocknet wird) oder das Pulped Sundried Verfahren (andernorts Honey Processed o.ä. genannt; die Schale wird entpulped, die schleimige Kirsche ohne waschen getrocknet) gehe ich einmal später ein…
Abschließend sei gesagt: Balanoor Plantations produziert viele ausgezeichnete Kaffees. Bei der großen Produktionsmenge kann der Leser sich aber sicher vorstellen, dass die Kunden von Balanoor Bean eher im Industriebereich zu finden sind. Einige wenige, der kleineren, z.T. Bio-Qualitäten gehen in den „echten“ Spezialitätenmarkt. Eine solche Anlage wie oben beschrieben ist auf Effizienz- und Qualitätskonstanz ausgelegt. Das kann Balanoor Bean in herausragender Weise bringen. Wir suchen für unser Talhão® Qualitäten aber eher kleinere Lots (Kaffeemengen) die selektiver angebaut und aufgearbeitet werden und wo die Menschen mehr im Mittelpunkt stehen als Maschinen und Erntemengen. Sicherlich ist Balanoor Beans aber ein Beispiel dafür, wie mit großer Sorgfalt und hohem Verantwortungsgefühl ein erstklassiger Rohkaffee produziert werden kann.
