Früh um 5Uhr sind wir wach. Braucht noch etwas, bis wir uns an die Zeitumstellung gewöhnen. Sobald es hell genug ist, schnappe ich mir die Kamera und mache bei Sonnenaufgang einen Rundgang durch das Dorf. Das Licht und die Stimmung sind fantastisch. Überall regt sich Leben, aber extrem leise und gelassen.
Dieser Ort strahlt eine solche Ruhe aus, wie ich es nur selten erlebt habe. Kein Motorengeräusch. Es gibt zwar Autos, aber die werden nur im Notfall und für lange Strecken verwendet. Kein Wunder, die nächste Tankstelle ist 2 Stunden entfernt. Mopeds sehe und höre ich auch nicht. Der Esel (zugegebenermaßen auch nicht immer leise) ist das Hauptverkehrsmittel zum Transport von Kaffee, Holz etc.; die Menschen laufen. Ich treffe nur Einwohner, die mich freundlich und lächelnd Grüßen, und obwohl ich kein Wort verstehe und nur betonen kann, dass ich kein Spanisch spreche, zeigen sie mir die zum Trocknen ausgebreiteten Kaffees und ich bekomme Bananen geschenkt. Extremst herzlich. Besser kann ein Tag nicht beginnen!


Wir begeben uns mit Romulo auf das Trockendach und breiten die Kaffees, die die Nacht verpackt waren, wieder aus. Einige sind jetzt komplett trocken und werden in Kunststoffsäcke gefüllt und eingelagert. Es ist schon beachtlich warm als wir auf den Knien die Partien auf den Bastmatten verteilen.
Nach dem herzhaften Frühstück (Ei, Bohnen, Reis und die obligatorischen Tortillafladen) dürfen wir Romulo noch helfen die gestern geernteten und über Nacht in kaltem Wasser gelagerten Kaffeekirschen zu entpulpen.
Die Kaffeekerne werden mit einer elektrisch betriebenen, umlaufenden Walze aus den Kirschen gequetscht (entpulped). Sehr sorgfältig sortiert Romulo defekte Kirschen aus. Auch werden alle Gerätschaften anschließend wieder gut gereinigt. Der Kaffee bleibt nun feucht und ohne Wasser für 24 Stunden liegen. Am kommenden Tag wir Elia dann die Kerne mit viel Wasser von allem restlichen Fruchtfleisch abwaschen und auf die Trockenfelder geben.
Es geht wieder in die Kaffeehänge. Elia ist schon mit einer Gruppe von 6 Pflückern und 2 Eseln auf eine Parzelle der Familie vorgegangen. Wir fahren 2 km mit dem Käfer hinterher und haben dann noch 1,5km zu laufen, bis wir die Gruppe treffen.
Elia bereitet schon das Essen für die Pflückergruppe und uns vor. Es gibt Bohnen mit Kaktus. Sorgfältig schneiden Heike und Elia die feinen Stacheln aus den Kaktusblättern. Kaffee (der hier morgens, mittags, abends und nachts getrunken wird) wird auch frisch gekocht. Allerdings tatsächlich, wie hier üblich zusammen mit Panela (Rohrohrzucker) längere Zeit aufgekocht.

Romulo leitet uns mit dem Käfer noch den Berg herauf und zeigt uns eine kleine einsame Ferienhütte, die das Dorf mit Tourismus-Fördergeldern gebaut hat.
Die Situation ist skurril. Hier erinnert nichts an Mexico und Kaffeeplantagen ein paar Kilometer entfernt. Mehr kommen wir uns vor wie in den Alpen. Man möchte zukünftig ein paar Wanderer in diese tolle Region locken und auch ein paar wenige Wanderwege zu verschiedenen Wasserfällen der Region erschließen. Hört sich aber alles nach sehr sanftem Tourismus an. Da Santo Domingo Cacalotepec nun wirklich nicht einfach zu erreichen ist, glauben wir nicht an eine Touristenschwemme. Gott sei Dank! Die Hütte könnte eine schöne Unterkunft für unseren nächsten Besuch werden.
Die Aussicht vom Aussichtsturm ist gigantisch. Innerlich haben wir schon jetzt entschieden, dass wir hier unsere Talhão® Partner in Mexico gefunden haben. Aber keiner von uns will es so recht zugeben, da wir ja noch andere Regionen besuchen werden. Aber hier stimmt einfach alles: Die Menschen, die Natur, der nachhaltige Umgang mit der Natur und das Herz für den Kaffee. Jetzt müssen die Qualitäten noch stimmen. Das hier gute Qualitäten produziert werden, zeigt das Zertifikat, das Romulo als Finalist des letzjährigen „Aromas Wettbewerb“ erhalten hat und das er uns stolz zeigt.
In der Nacht „ziehen“ wir noch mit Romulo durch das Dorf und sammeln Kaffeemuster von einigen Bauern seiner Gruppe ein. Auch von Virginia, die mir am Morgen Bananen schenkte und Romulo und Elia beim Pflücken half. Sie produziert auf ihrer eigenen kleinen Parzelle dieses Jahr 6 Sack Pergamino, was ungefähr 5 Säcke Rohkaffee ergeben kann. Vielleicht können wir ihr Lot separat erwerben.

Unabhängig von den Mustern (je ca. 500g Pergamino) kaufen wir Romulo noch 25kg Pergamino ab. Diese wollen wir in den nächsten Tagen noch bei einem Freund von Thomas schälen und sortieren, um sie im Flieger mit nach Deutschland zu nehmen. Wir können es gar nicht erwarten diesen Kaffee bei uns zu rösten. Eine neue Talhão® Partnerschaft ist entstanden.