Mexico Kaffeereise 2018 – Tag 5: Aussichtsturm und Aussichten

Die Sonne lacht wieder. Zwar sind die Kleidung und Betten noch etwas klamm und die Wolken hängen noch tief im Tal, aber wir können unseren ersten Morgenkaffee draußen in der Sonne genießen.

Romulo ist früh zu unserer Cabaña (auf 1700m ü. NN) aufgestiegen, denn wir haben für heute eine Wanderung zum Mirador (Aussichtsturm) über dem Dorf geplant. Also Wanderklamotten an (Zwiebelprinzip, denn es ist noch frisch, scheint aber heute noch heiß und schwül zu werden) und Machete umgeschnallt und dann hoch bis auf 2000m. Ohne Frühstück oder Proviant, was wir noch bereuen werden…

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Bei dieser Wanderung wird uns einmal mehr bewußt, warum wir diese Kaffeeregion so lieben. So viel unberührte Natur und Wildnis, atemberaubende Aussichten auf Berge und kleine Bergdörfer, die in den Berghängen kleben.

Leider sehen wir, als wir den Aussichtsturm erreichen vom unserem Kaffeedorf Santo Domingo Cacalotepec erstmal nichts. Zu tief hängen die Wolken im Tal fest. Aber Minute für Minute lichtet sich der Vorhang und wir sehen, dass wir fast genau über dem Dorf stehen.

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Erschöpft, aber glücklich machen wir uns an den Abstieg

Elia kräftigt uns mit einem herzhaften (und scharfem) Frühstück mit Rührei Tomatensoße und Tortilla und anschließend muss sofort der gestern gewaschene Kaffee auf das Trockendach und ins Trockenzelt. tägliche Routine, wenn es nicht regnet…

Tatsächlich packen wir zwei Stunden später, alles wieder ein, weil sich doch ein paar Wolken und erste Regentropfen zeigen.

Während Thomas und Shaun wieder Muster sortieren und rösten, denn wir wollen heute noch ein paar Kaffees aus dem Dorf cuppen, machen Heike und ich uns auf zu Produzenten in den Feldern. Da Romulo heute seinen Schweinestall neu bauen will und schon genug Helfer bereit stehen, machen wir uns auf eigene Faust auf den Weg.

Wir sind in der Haupterntezeit hier, was die voll hängenden Kaffeebäume zeigen. Die erwartete Ernte wird aber nicht hoch ausfallen , da die Blatt-Pilzkrankheit Roya und der Schneefall im Januar (ja auch dass kann hier auf 1700m passieren) klar ihre Spuren hinterlassen. Aber umso mehr Sorgfalt muss beim Pflücken, Sortieren, Schälen, Waschen und Trocknen jetzt aufgebracht werden um die Qualität hoch zu halten.

Artemio Ruiz López
und sein Sohn Abdias

Unsere Produzenten Artemio Ruiz Lopez und sein Sohn Abdias kommen mit drei Hilfen aus dem Dorf gut voran. Da die Wetterprognosen der nächsten Tage für das Trocknen der Kaffees gut aussehen, müssen heute viele Kirschen geerntet werden, um die Ernteausfälle der letzen Regentage kompensieren zu können. Auch müssen viele reife, durch den Regen aufgeplatzte Kirschen schnellstmöglich geerntet werden, um Schimmel und Gärung vorzubeugen, welches die hohe Qualität zu nichte macht. In ein paar Tagen müssen diese Defekte beim Pflücken dann aussortiert werden.

Wie bei unseren Süßkischen platzen auch Kaffeekirschen nach langem Regen auf. Qualitästverlust!

Auch Viridiana ist mit einem Pflückertrupp auf einem ihrer Felder. Nachbarn helfen sich bei der Farmarbeit gegenseitig, werden aber am Abend direkt bar bezahlt. So bleibt niemand einem anderen etwas schuldig.

Viridana begrüßt Heike auf ihrem unteren Feld, mit stark von der Roya befallenen Arabica Bäumen.

Die Ernte sei nicht schlecht, meint Viridiana, auch wenn in diesem Teil des Kaffeefeldes die Bäume sehr schwach sind. Sie führt uns einige 100Meter weiter zum höher gelegenen Teil, auf dem die Bäume deutlich grüner und kräftiger sind. Die Kaffeekirschen von diesen gesunden Pflanzen schmecken deutlich süsser und voller. Wir sind sehr angetan vom Engagement und der Begeisterung, die Viridiana uns entgegenbringt. Allein, ohne Mann managed sie ihre Kaffeeproduktion, und durch diverse Verkostungen wissen wir um die herausragende Qualität ihrer Kaffees.

Zurück im Dorf wird es schon langsam dunkel und wir bereiten gemeinsam die letzte Verkostung unserer Reise vor. Heute Abend stehen nur Kaffees aus dem Dorf auf dem Tisch. Elia und Romulo, die mit uns testen, sind sehr an den Ergebnissen interessiert.

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Da es jetzt zum ersten Mal um die eigenen Qualitäten aus dem Dorf geht, sind alle sehr kritisch. Das Potenzial der Kaffees ist allgemeinhin hoch, aber in manchen Details kann hier noch optimiert werden. Besonders die Konsitenz d.h. die Gleichmässigkeit der Proben lässt etwas zu wünschen übrig. Von jedem Kaffee stehen drei Tassen auf dem Tisch. Alle Tassen sollten gleich schmecken, was aber nicht immer so ist.

Auch stellen wir fest, dass einige Kaffees scheinbar zu schnell getrocknet wurden. Eine Problematik, die hier in der Region oft zu finden ist, weil Klimabedingungen von einem auf den nächsten Tag wechseln (Regen, Sonne, Temperatur, Luftfeuchtigkeit). Um die Qualitäten in der Zukunft weiter zu steigern, ist hier klarer Handlungsbedarf angesagt. Vielleicht muss man über Trockenzelte nachdenken, wie wir sie aus Peru und Ecuador kennen.

Zum Ende des Tages schenkt Romulo von unserem mitgebrachten „Woodkaffee“ aus. Einer Spirituose, die wir in 2018 zum ersten Mal produzieren und in den nächsten Monaten in den Verkauf bringen werden. Er wärmt alle und bringt diesem intensiven und anstrengenden Tag einen sanften Ausklang…