Tag 2 der Kaffeereise Nordthailand

Verschlafen… Erst die halbe Nacht kein Auge zugemacht und dann, nach 2 Aspirin gegen Kopfschmerz klopft Jürgen Wittmann um 9.00Uhr an meine Tür um mich abzuholen.

Da war ich aber soeben fertig. Es geht ohne Frühstück (Strafe muss sein und die Zeit drängt) direkt aus Chang Mai heraus, um über die kurvige Touristenstrasse an Tempeln und Hmong Hilltribe Touri Dörfern vorbei auf den Doi Suthep, den Hausberg der Stadt. 1,5 Stunden später, die bei Diskussionen mit Jürgen und seiner Frau Avou (im Schlepptau der kleine 9-monatige Simon!) fast immer um Kaffee gehen, erreichen wir das Dorf Khun Chang Khian, das ich schon im Vorjahr besucht hatte. Es ist immer ein tolles Gefühl in Kaffeedörfer oder zu Plantagen zu kommen, in denen wir schon einmal. Manchmal so wie Freunde besuchen.

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Jürgen und Avou hatten für uns einen neuen Kaffeepartner in diesem Hilltribe Dorf gefunden. Auf der Suche nach einer Familie, mit der wir unsere Talhão Philosophie – DIREKT, BESTÄNDIG, GERECHT- teilen können, sind sie auf (Herrn) Dong gestoßen, der in dieser Arabica-Gegend schon seit 20Jahren beständig Kaffee anbaut und viel Erfahrung und Herzblut für seine Kaffeeplantage bewahrt hat. Dong bewirtschaftet seine 2 Felder mit seiner Frau Scho und seinen Töchtern Jam und Dogmai und führt auch die komplette Aufarbeitung bis zum Pergamino (ungeschälte getrocknete Kaffeekirschen) und die anschliessende Handsortierung hier durch. Seinen restlichen 3Kinder gehen in Chiang Mai zur Schule oder studieren dort an der Uni.
Dong gehört wie alle im Dorf Khun Chang Khian dem Hilltribe-Stamm der Hmong an. Neben starkem Geisterglauben ist für uns das auffallendste, das Hmong Männer mehrere Frauen haben dürfen. Dong macht davon keinen Gebrauch und ist auch ansonsten, wie alle in seiner Familie ausgesprochen aufgeschlossen, was bei Stammesmitgliedern der Hmong nicht immer so ist.

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Schon sehr schnell merke ich das Jürgen und Avou eine tolle Familie gefunden haben, die das Herz am rechten Fleck und das Lachen immer im Gesicht haben.
Sie besitzen einen kleinen Coffee-Shop am Eingang des Dorfes, denn hierhin finden viele Touristen aus der Stadt den Weg in die Berge. Es gibt hier guten Kaffee und Süssigkeiten, bis hin zur 5-Minuten Instantsuppe. Was der Touri halt so braucht… Der Kaffee ist natürlich aus eigenem Anbau und selber (eher zu dunkel) geröstet und, (aufgepasst!) er wird standardmässig in einer FrenchPress zubereitet und den Gästen angeboten. Wir persönlich hätten wohl ein bischen weniger Kaffeemehl verwendet, er war aber doch sehr lecker und ich hab ihn als verspätetest Frühstück echt gebraucht.

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Auf einem kurzen Rundgang werfen wir einen Blick in das Lagerhaus, wo bereits unsere gesamte versprochene Kaffeemenge (die Ernte ist jetzt bis auf wenige Kirschen an den Bäumen beendet) getrocknet als Pergamino liegt. Tolle, sauber aussehende und duftende Qualität. Sehr gut aufbereitet. Jürgen macht stichpunktweise Proben auf Restfeuchte und ist mit 10,5-11% sehr zufrieden. Lediglich die Lagerbedingungen können noch verbessert werden. Eine separate Lagerhütte muss her. Das unterstützen wir aber gerne zukünftig.

Zurück am CoffeeShop setzen wir uns bei einer 2ten Tasse (noch kräftigerem) Kaffee an die Tische und ich Stelle der Familie unsere Kaffeerösterei und unsere Talhão Philosophie vor. Ich möchte ihnen klar machen, dass wir eine lange, beständige und nachhaltige Partnerschaft mit Festpreisen über dem Marktpreis suchen. Avou hilft mir bei der Übersetzung, denn natürlich kann ich kein Thai. Aber mit Hilfe der Bilder in unserer Broschüre kann ich auf unsere anderen Partnerschaften in Thailand, Ecuador, Indien und Brasilien verweisen. Auch dass es uns wichtig ist mit den Familien über das Jahr in Kontakt bleiben. Und so gibt mir die Tochter Jam (30) ihren facebook account. Auch wenn wir es nicht schaffen hier lange Texte zu schreiben, so können doch Bilder ausgetauscht werden. Gut dass es solche Medien heute gibt.

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Ich freue mich die Begeisterung und auch ein wenig Stolz in den Augen der Familie von Dong zu sehen, als ich Ihnen mitteile, das wir wie besprochen gerne Ihre gesamte Ernte für dieses Jahr kaufen werden und das ich hoffe, dass wir eine lange Partnerschaft pflegen können.

Bevor wir uns bis Freitag verabschieden, denn dann schauen wir noch einmal hier vorbei, begleitet uns Dong noch zu einem seiner Felder. Es liegt eingebettet und geschützt in einem Talkessel. Toll wild, mit hohen, teilweise 20-jährigen Typica und Catimor Sorten (genaues weiß Dong selber nicht). Guter Schatten. Komplett ohne chemischen Dünger oder Pestizide kultiviert, aber nicht bio/organic zertifiziert. Brauchen wir auch nicht, Hauptsache wir wissen, dass dieser Kaffee „sauber“ ist. Am Freitag besuchen wir das zweite Feld.

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Nun fängt der „Abstieg“ im Pickup an, noch kurz in die Stadt Chiang Mai zum Kinderarzt und dann rauf in ein anderes Tal Richtung Mae Hung Son und Pai. Bis zum kleinen Städtchen Soppong, wo ich die nächsten 3 Nächte wohnen werde sind es 5 Stunden Fahrt. Aber wieder intensive Gespräche mit Jürgen lassen die Zeit wie im Flug vergehen. Hier, in der Nähe des Dorfes, aus dem Avou stammt und wo die drei wohnen werden wir in den nächsten Tagen zwei weitere Kaffeedörfer und unser gemeinsames Dorf-Projekt besuchen.