An diesem Morgen bin ich pünktlich fertig. Jürgen holt mich im Hotel in Soppong ab und es geht erstmal auf Dienstagsmarkt in diesem kleinen Städtchen. Auch diese tolle Atmosphäre kennen ich schon aus dem letzten Jahr, doch so früh am Morgen geht es hier noch entspannt zu. Außerdem ist die Temperatur noch angenehm kühl.
Jürgen kauft Obst und Gemüse für das Abendessen, und süßes Gebäck für das Karen-Hilltribe Dorf „Mae u Mong“, wo wir zum Mittagessen eingeladen sind.
Doch zuvor kaufenden wir noch 150 „Pipes“, also Wasserleitungen, die Mystic Hilltribe und wir dem Dorf spenden werden, um deren Wasserleitungssystem für die Hausversorgung und die Bewässerung der Gärten (mit Kaffeepflanzen) weiter auszubauen. Der Baumarkt in Soppong ist gut bestückt. Pipes/Tubes gehören hier zum Tagesgeschäft, denn die Wasserversorgung ist in den Bergdörfern teilweise sehr schlecht und solche Rohre halten auch nicht ewig.
Zuerst fahren wir in das Karen Dorf Lug Pa Kor (ca. 40min über z.T. Feldwege), wo die Möglichkeit besteht ein zweites Dorf-Kaffee-Schul-Projekt zu starten. Hierhin werden in den nächsten Tagen 1700-2000 gespendete Arabica Pflänzchen gebracht um ggf. ein ähnliches Projekt wie in Mae u Mong (s.u.) aufzubauen. Avou und Jürgen führen ein Sondierungsgespräch mit dem Schulleiter Pung und einigen Produzentenfamilien.
Das Dorf Mae u Mong (15min mit dem Pickup von Lug Pa Kor entfernt) haben wir schon im Vorjahr besucht und schon damals waren wir begeistert und verzaubert. Es wird ebenfalls von Familien des Stammes der „Karen“ bewohnt. Ich würde dieses Volk als sehr naturverbunden, offen und ehrlich bezeichnen. Ein Dorf wie im Bilderbuch. Einfache, aber gepflegte Häuser und Gärten, kein Müll auf den Straßen, die Kulturpflanzen gut betreut. Es ist ruhig, keine Hektik und man sieht nur freundliche Gesichter. Hier gibt es fast keinen Tourismus und alles ist noch ursprünglich.
Bei unserem Besuch dieses Dorfes in 2015 war die Idee von Jürgen, Avou, (Mystic Hilltribe) Heike und mir (Hans) hier ein Dorf- und Kaffeeprojekt aufzubauen. Die Grundidee ist, den Bauern und Dorfbewohnern über den Kaffeeanbau und die Aufarbeitung ein zusätzliches, sicheres und beständiges Zusatzeinkommen zu generieren und zusätzlich durch Spenden (z. B. aus unseren Verkauf der leeren Kaffeesäcke, Kundenspenden und eigene Spendenanteile) die Dorfstruktur zu unterstützen. Der Ausbau der Wasserversorgung, der Schule, eigener Aufbau einer Kaffeeaufbereitung zur Erhalt der Wertschöpfungskette des Kaffees im Dorf, oder auch die finanzielle Unterstützung kranker oder hilfebedürftiger Personen. Was eben aktuell gebraucht wird. Jürgen und Avou sind hier oft vor Ort und können ermessen woran es fehlt, damit hat Avou viel Erfahrung durch Ihre frühere Arbeit bei der Stadtverwaltung in Soppong, wo sie die Unterstützung für Kindergärten und Schulen betreute.
Der aktuelle Stand in 2015 war, das die Bauern zwar schon teilweise 30 Jahre alte Kaffeebäume besitzen und pflegen, aber gar nicht genau wussten, was sie mit den reifen Kirschen machen sollten. In den 1980er Jahren begann die thailändische Regierung (mit unterstützung der UNO) mit dem Projekt die armen, vom Opiumanbau lebenden Hilltribe-Völker „umzupolen“ und zum Anbau von Lebensmitteln (als Selbstversorger und zur Vermarktung) zu bewegen. Es wurden viele Projekte gestartet und so kam auch das Dorf Mae u Mong in den Genuss von zig Arabica-Kaffeepflanzen und von Unterweisungen in den Anbau von Kaffee. Aber der Markt für Kaffee war noch nicht so gefragt wie heute und die Bauern trinken alle keinen Kaffee, sondern Tee. Die Kaffeebäume wurden kultiviert, abgeerntet und die Kirschen in schlechter Qualität an den erstbesten verkauft, der ein paar thailändische Baht dafür zahlte und in den Städten teuren (schlechten) Kaffee daraus produzierte. An der grundlegenden Situation hat sich fast 30 Jahre nichts geändert, und die Motivation im Dorf für den Kaffeeanbau ging gegen Null.
Was liegt nun näher für engagierte Kaffeeröster und –importeure, als hier ein Projekt zu starten, bei dem das bestehende Potential guter Kaffeepflanzen genutzt wird, um Familien und ein ganzes Dorf wirtschaftlich zu stärken.
Im Vorjahr kauften wir zusammen mit Jürgen die ersten Kirschen aus Mae u Mong ein, um zu sehen wie deren Pflüg- und Kaffeequalität war. Ehrlich gesagt, bescheiden. Aber was Avou und Jürgen von Mystic Hilltribe hier in den letzten 13 Monaten geschafft haben ist gigantisch!
Das Projekt besteht mittlerweile aus 26 Familien, die alle höchstmotiviert, selbstständig auf allerhöchstem Niveau ihre Kirschen pflücken und zentral an 2 Aufarbeitungsplätzen nass aufbereitet. Daran liegen nicht nur die guten und sicheren Preise die Mystic Hilltribe, Markus Schlotter von der L-Kaffeerösterei in Baden Baden und wir für den fertig aufbereiteten Rohkaffee zahlen, sondern auch die gute Betreuung durch Avou und Jürgen, die es geschafft haben den Bauern den Glauben an ihren Kaffee wieder zu geben. Ein Kirsch-Entpulper, Trockentische und Hilfsmittel wurden neben neuen Kaffeepflanzen von Mystic Hilltribe gespendet. Erstklassige tolle Arbeit.
Zusammen mit ca. 15 Produzenten machen wir eine kleine „Konferenz“, wo wir den aktuellen Stand der Ernte und die durch Jürgen geprüfte Qualität besprechen. Avou stellt mich und die Dauner Kaffeerösterei vor, und die aktuelle Tagesernte wird gemeinsam entpulpt und gewaschen. Die auf den Trockentischen liegenden Pergaminos werden begutachtet und Jürgen gibt wie immer hilfreiche Tipps. Dann werden schnell noch die Pipes abgeladen. Diese werden benötigt um eine neue Wasserleitung von der Quelle ins Dorf zu legen. Morgen werden wir neue mitbringen und auch ca. 2000 neue Arabicapflanzen.
Beim Gruppenphoto versuche ich noch allen Familien durch Avou mitzuteilen welche tolle Leistung hier in den letzten Monaten durch die Dorfgemeinschaft, aber auch durch Mystic Hilltribe (und ein wenig auch durch uns) erbracht wurde.
An diesem Abend bin ich extrem zufrieden und dankbar und freue mich morgen wieder hier zu sein.