Heute wird es technisch. Wieder um 7 Uhr treffen wir uns mit Miyu im Coffeeshop der Doi Chang Coffee Farm (DCCF) und werden als erstes mit einer leckeren Hühner-Reis-Suppe versorgt (ich freue dennoch mich auf eine leckere Scheibe Michelbrot). Erst dann wird mir mein traditionelles Rösterfrühstück, ein Espresso plus einem Cappuccino, serviert. In Perfektion wie in Doi Chang üblich. Später gibt es noch herrliche Erdbeeren, im März!
Es geht an den Nassaufarbeitungsanlagenvorbei, hinauf zur Trocken-Nachverarbeitung. Damit der Leser dieses Blogs versteht, um was es geht, hier nochmal kurz den Weg von der Kaffeekirsche zum Rohkaffee erklärt: (alle Bilder zeigen die handwerklichen Verfahren unserer Produzenten hier in Thailand)
Die reifen Kirschen werden gepflückt, dann im Entpulper von der Kirschschale befreit.
Zurück bleibt eine glitschige Massse (Mucilage), die den Kern (in der Regel zwei pro Kirsche) noch zusammen mit einem dicken Innenhäutchen umhüllt. Diese feuchte Masse wird bei dieser nassen Aufarbeitung, je nach Farmer und Region für eine Zeit zwischen 12 und 48h mit mehr oder weniger Wasser ruhen (fermentieren) gelassen, um dann anschließend nochmal gewaschen und dann getrocknet zu werden.
Die Trocknung dauert ca. 7-14 Tage (je nach Wetter). Übrig bleibt ein Kaffeekern (biologisch keine „Bohne“) die noch von einer gelblichen, harten und spröden Pergamenthaut umschlossen wird.
In diesem Zustand befindet sich nun unser Kaffee aus dem Projektdorf „Mae u Mong“, den wir seit 2 Tagen mit uns reisen lassen, um jetzt hier in Doi Chang ins finale Stadium „grüner Rohkaffee“ überführt zu werden. Dazu wiegen Jürgen und ich, zusammen mit dem Team von DCCF den Pergamino und kommen auf 508kg Gesamternte Pergamino (tolle Qualität, gute Restfechte von 11%) des Dorfes.
Die spröde Pergamenthaut wird anschließend in 2 Schritten „abgeschrotet“ und im Prozess herausgeblasen. Die übrig gebliebenen Kerne werden unmittelbar darauf auf Rüttelsieben in verschieden Größen (AA und A) und Pea Berries, das sind runde Kerne, aufgetrennt. In unserem Falle, weil die Qualität von Mae u Mong so überdurchschnittlich gut ist, verbleiben uns 418kg gute Bohnen, nur 8 kg Bruch und zu kleine Bohnen, d.h. heißt 81,5 kg Pergamenthaut hat den Prozess verlassen. Alles Mengen und Preise, die wir mitkalkulieren müssen.
Wir sind extrem begeistert, von dem tollen Bohnenbild, das verspricht auch erstmal eine reine Tasse. Die später abgepackten 7 Säcke werden dann zwischen den Kaffeeröstereien und Projektpartner L-Kaffeerösterei Baden-Baden, Kaffeerösterei ChamerLand und der Dauner Kaffeerösterei aufgeteilt.
Während der Aufarbeitungsvorgang für ca. 1h läuft, rösten wir mit Miyu Ka, die sich seit letztem Jahr im Rösten auf einem Giessen W15A (dem Model, das wir auch hatten) probiert, drei kleine Chargen. Ich hoffe ich konnte ein paar hilfreiche Tipps geben. Jedenfalls fühle ich mich noch sehr mit dem Röster vertraut und ich bin begeistert, dass man in einem modernen 15kg Röster von Giessen auch sehr gut 3kg rösten kann!
Zu Abschluss gibt es in der chilligen Kaffeebar noch ein paar Barista-Fachgespräche und Mustereinkäufe. Unglaublich, wie hier auf dem Land eine solch innovative Location entstanden ist, in der auch regelmäßig koreanische Barista trainiert werden. Von Aeropress, Frenchpress, Dripper bis hin zu einer neuen Hand-Espresso Maschine „Mypressi“ ist hier alles zu finden. Und die LatteArt ist professionell, was immer man von dieser Kunst auch halten mag. Jedenfalls ist der Cappuccino eher ein Flat White und genial lecker.
Dann geht es ab nach Chiang Mai, der Endstation meiner kurzen und extrem dichten Kaffeereise. Auf der Fahrt gibt es wie immer intensive, tiefe und zum Teil hitzige Diskussionen, die Jürgen und mich, so glaube ich, sehr weiterbringen. So überlegen wir bei einer Saison-Abschluß-Feier in Mae u Mong (in ca. vier Wochen (also bin ich leider nicht dabei) durch eine Bonuszahlung, persönlich an alle beteiligten Dorfbewohner, die Motivation für das Kaffeeprojekt noch weiter zu steigern. Ich bin immer noch extrem begeistert, wie diese Menschen hier gemeinsam, in so kurzer Zeit selber einen high-end Kaffee produziert haben. An dieser Stelle aber auch nochmal tiefsten Dank an Avou und Jürgen Wittmann, von Mystic Hilltribe Thailand, die hier mit unglaublichen Aufwand so etwas Tolles haben möglich gemacht!
Auch für die Möglichkeit wieder in Thailand sein zu können, für all die tollen Momente, die unzähligen Diskussionen und die ganze Betreuung vor Ort, möchte ich Avou und Jürgen Dank sagen. Nur jemand der hier mit Euch war, kann ermessen, wieviel Herzblut und Selbstlosigkeit Ihr hier hereinsteckt. Danke zu sagen reicht da nicht!
Ein letzter Abend mit Markt, Streetfood und gemütlichem Bier beschließt diese intensive Reise und ich weiß, ich war nicht das letzte Mal hier, den Projekte wollen gepflegt werden.
Und ich weiß, dann mit meiner Frau Heike.
(aus 2015 in Doi Chang)
19.03.2016 Hans Richarz-Hilberg, Dauner Kaffeerösterei